Dienstag, 14. November 2017
Das war der Tag, an dem ich meinen Vater ausgeliefert habe.
Ich habe Anzeige erstattet und damit dem Horror ein Ende bereitet. Ich weiß, dass ich ihn nicht verraten habe, auch wenn es sich tief in mir noch so anfühlt. Das einzige, das ich tatsächlich getan habe war, dass ich alle wissen hab lassen, was er für ein Mensch ist.
Ausliefern ist vermutlich das richtige Wort, denn er war in dem Moment, in dem ich bei der Kripo durch die Sicherheitskontrolle durch war, geliefert.
Und vermutlich würde ich wieder so entscheiden. Mit dem gleichen Wissen und der selben Angst würde ich diese schreckliche Zeit noch einmal durchstehen können. Doch würde ich wissen, wie fürchterlich das alles geendet hat, dann wäre mir all das wohl nicht mehr möglich.

Heute, sechs Jahre später habe ich beschlossen Schutzengeln zu danken, die mir in dieser anstrengenden Phase zur Seite gestanden haben:
Meiner Ansprechpartnerin bei der Kripo, die mir einfach nur geglaubt hat und mir meine Angst nehmen konnte.
Meiner Ansprechpartnerin beim Weißen Ring, die mich finanziell und mit all ihrem Wissen in jedem Moment und auch noch Jahre später unterstützt hat.
Meiner Therapeutin, die Tag und Nacht für mich erreichbar war und alle Termine mit mit gemeistert hat. Sie hatte auch die undankbare Aufgabe, mir einen Monat später den Ausgang der Geschichte mit zu teilen.
Meiner Anwältin, die mich vor allen bösen Fragen schützen wollte und mir die Kraft gegeben hat dem Verteidiger meines Vaters nicht an die Gurgel zu springen.

Diese vier Menschen haben mir so unglaublich viel ermöglicht, sie haben mir mein Leben, wie ich es jetzt lebe geschenkt und ich versuche jeden Tag weiter zu machen um ihre Mühen nicht zu zerstören.

Neben diesen vier wichtigen Menschen, die die Handlung in dieser Zeit voran getrieben haben, gibt es noch unzählige kleine Engelchen, die mich unterstützt haben und einfach nur an mich geglaubt haben.
Ich kann hier leider nur ein paar wenige nennen:
Der pinke Elefant, der immer erreichbar war, mir geglaubt hat und nie aufgehört hat mich zu lieben.
Talia, die allerbeste beste Freundin, die man haben kann. Und auch wenn wir jetzt nicht mehr permanent Kontakt haben, sie weiß alles über mich und hat mich noch nie hängen lassen. (Obwohl sie 2011 in Bolivien war, hat sie mich mehr unterstützt wie manch andere!!)
Meine Mam, auch wenn sie völlig hilflos und überfordert ist war.
Mein damaliger Mathelehrer, der mich an dieser brenzligen Aktion in seinem Auto gefahren hat, damit mein Vater mich nicht findet.
Und so viele andere liebe Engel, die da draußen umher schwirren und immer irgendwie da sind, egal ob im RealLife oder Online.

DANKE für dieses Leben.



Wir sind niemals so verloren, dass unser Schutzengel uns nicht finden könnte!




Dienstag, 24. Oktober 2017
Ich bereue so viel und ich würde diesen Weg so nicht mehr gehen, wenn ich in der selben Situation wüsste, wie viel Schmerz ich damit über so viele Menschen bringe. Auch ich selbst hab durch mein eigenes Handeln so viele Arten von Schmerz erfahren, dass ich gar nicht sagen kann, wie ich überhaupt jemals denken konnte, dass ich den richtigen Weg gehe.
Ich wusste es damals nicht besser und ich liebe meine kleinen Geschwister, ebenso wie meine kleinen Cousinen und meine Großcousinen. So viele unschuldige kleine Kinder, die jetzt groß sind und die ich nie wieder sehen durfte. Ich habe für mich und für sie alle richtig gehandelt und trotzdem konnte ich keines der Kinder wieder sehen,

In 13 Tagen jährt sich der Tag, an dem ich zu viel geredet habe. Damals hab ich alles erzählt, was ich wusste und konnte nicht ahnen, wie vieles noch im Verborgenen liegt. Diese Unwissenheit, die ich einmal hatte.. Die hätte ich gerne behalten.

Abgeschirmt von der Welt aufgewachsen, in den Jahren den jugendlichen Selbstfindung in Kliniken und tiefster Fassungslosigkeit versunken, habe ich keine Erfahrungen in all den Bereichen gemacht, die junge Erwachsene interessieren. Meine Freunde haben irgendwann eingesehen, dass ich keinen Kopf für diese Dinge habe und mich damit in Ruhe gelassen.. Doch jetzt gehöre ich nicht mehr wirklich dazu, irgendwie außen vor und doch mitten drin merke ich grade in den Tagen vor der jährlichen Wiederholung der eingebrannten Daten, wie mir manche Dinge fehlen und wie anders mein Leben läuft.

Ich hätte doch so gern eine Familie, die weiß wie ich alles gemeint hab und warum die Dinge so gelaufen sind.




Donnerstag, 7. September 2017
Ich weiß es nicht.

Tatsächlich, weiß ich es nicht. Ich bin davon überzeugt, dass ich alles irgendwie wieder gerade rücken kann. Und doch weiß ich nicht, wie ich das anstellen soll..
Da ist so vieles, das meinen Kopf matschig macht und mich nicht klar denken lässt. Und vielleicht sollte ich offener kommunizieren und mein Chaos zumindest versuchen zu erklären.

Als einfachen Schritt werde ich versuchen ein Medaillon besorgen, in das dann ein kleines Bildchen kommt.. von meinem Vater. Und zwar ganz einfach, weil ich neuerdings gehäufte Blackouts hab und mich nicht mehr erinnern kann, dass er nicht mehr am Leben ist. Was der Auslöser dafür ist, weiß ich leider nicht. Ich kann mich auch nie daran erinnern, wie ich zu der Annahme komme, er könnte noch leben. Ich weiß nur, wie schrecklich der Moment ist, wenn mir dann plötzlich alles wieder klar wird.

Der pinke Elefant ist so sehr bemüht, dass es mir gut geht. Und doch kann ich nicht zu jeder Zeit sagen, dass es mir gut geht. Ich kann es nicht, weil es einfach nicht die Wahrheit wäre.

Es ist so schwierig einer nicht betroffenen Person zu erklären, was in mir vorgeht und was los ist.
Ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll. Vielleicht sollte ich mich einfach mal wieder mit Menschen treffen, die ohne Worte verstehen, was mir den Kopf verdreht.


Vielleicht wird es ja bald einfach wieder besser.

'Wenn Du durch die Hölle gehst, dann geh weiter!'